Christliche Gemeinde!
Liebe Brüder und Schwestern!
Wir haben gestern über diese Bibelstelle gesprochen, wo Paulus vom Hochland Anatolien nach Ephesus kommt, dem heutigen KuÅŸadası, und dort predigt. Und er trifft die Johannesjünger, die getauft sind, aber den Heiligen Geist gar nicht kennen. „Wir haben noch nicht einmal gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt.“ Der Heilige Geist der große Unbekannte.
Er bleibt aber auch, interessanterweise, in seinem Wirken vielfach für die Kirche der große Unbekannte. Als Petrus zum Haus des Kornelius kommt und dort predigt, die Verkündigung Jesu Christi, der Messias, sind die Zuhörer so begeistert, dass sie den Heiligen Geist bekommen, ohne getauft zu sein. Das muss man sich vorstellen: die sind gefirmt, aber noch gar nicht getauft. Und Petrus sagt: „Kann jemand denen die Taufe verweigern, die den Heiligen Geist schon empfangen haben?“
Das heißt: Der Heilige Geist wirft sämtliche, alle, auch kirchliche Ordnungen immer wieder über den Haufen. Der Heilige Geist ist auch der große Unberechenbare. Er ist das Leben, das pulsierende Leben, das durchbricht, wo man es sich überhaupt nicht erwartet hätte. Der Heilige Geist: der große Unbekannte, der große Wirksame, der letztlich das Fundament der Kirche ist. Die Kirche steht auf dem Heiligen Geist.
Was sind denn eigentlich diese Gaben des Heiligen Geistes? Was bekommen wir denn, wenn wir den Geist Gottes bekommen? Es wird sehr eindeutig vom Hl. Paulus beschrieben, immer wieder, die Gaben des Heiligen Geistes. Wir haben da heute begonnen das schöne Lied zu singen: „Komm, o komm, du Tröster mein, …“ Da werden auch die Gaben aufgezählt: Verstand, Gottesfurcht, Standhaftigkeit usw.
Was sind die Gaben, die uns gegeben werden? Was bekommen wir, wenn wir Christ werden? Was bekommen wir, wenn wir gläubige Menschen werden? Freude, Friede, Langmut, den langen Atem des Glaubens, Treue, Freundlichkeit, Enthaltsamkeit und Geduld.
Das sind eigentlich ungeheure Gaben. Das wird uns geschenkt. Das schenkt Christus, als er zu den Jüngern kommt, die völlig verzagt, sich eingesperrt haben nach der Kreuzigung. „Der Friede sei mit euch.“ Und es ist der Friede, den die Welt nicht geben kann. Denn der Friede der Welt ist oft: nicht streiten und nicht Krieg. Aber der erfüllte Friede, der eben mehr ist als nur keine böse Worte zu sagen, mit der Güte, der Freundlichkeit, der Geduld, mit dem anderen, mit sich Geduld haben, mit dem eigenen Leben Geduld haben, mit der Kraft zur Enthaltsamkeit, zum Verzicht, ein kostbares Gut, das alles ist ein Geschenk des Heiligen Geistes. Wie erlangen wir das?
Wo wohnt Gott? Da gibt es diesen schönen Spruch eines Rabbiners: „Wo wohnt Gott?“ Da sagt der andere: „Gott ist doch überall. Gott ist allgegenwärtig, allmächtig, überall.“ Und da sagt der andere drauf: „Nein, Gott ist dort, wo man Ihn einlässt.“ Ich glaube, das ist der schöne Satz, der stimmt. Der Heilige Geist ist dort, wo man ihn einlässt.
Ich rede immer wieder vom Gebet. Da heißt’s: „Warum sprichst du dauernd vom Gebet? Red‘ doch mehr von der praktischen Aktion, wie man barmherzig sein kann.“ Das Gebet ist praktisch das Einfallstor des Heiligen Geistes. Der Hl. Paulus sagt: „Wenn wir beten, dann betet der Heilige Geist Gott selber für uns…“ „Wenn wir beten, dann betet der Geist Gottes für uns in unaussprechlichen Seufzern.“ Jeder, der betet ist mitten im Heiligen Geist.
"Niemand kann sagen: ‚Herr ist Jesus! ‘ außer im Heiligen Geist.“ Wenn ich jetzt bete, jetzt zur Messe gehe, jetzt Jesus anspreche, bin ich im Heiligen Geist. Dessen dürfen wir uns gewiss sein. Das Gebet ist das Einfallstor des Heiligen Geistes und verändert uns.
Es ist in der Spiritualität von Ignatius von Loyola immer die große Frage gewesen: Wie ist die Unterscheidung des Geistes? Wie ist die Unterscheidung des Geistes? Wann soll ich Entscheidungen treffen? Wann bin ich im Heiligen Geist? Ignatius sagt: „Wenn eine gewisse Ruhe da ist, eine gewisse Gelassenheit, wenn ich mich nicht gedrängt fühle.“
Man soll nie unter Zwang weitreichende Entscheidungen treffen. Der böse Geist, der schlechte Geist, das heißt ein Hingetrieben-Sein, ein Gezwungen-Sein, auch zu niederen Dingen, lähmende Traurigkeit, das alles ist nicht das Werk des Heiligen Geistes.
So denken wir immer daran, was uns geschenkt ist: die Früchte des Heiligen Geistes. Und wir haben noch mehr. Wir bekennen das bei jedem Credo: die Früchte des Heiligen Geistes, was der Geist eigentlich bewirkt. „Ich glaube an den Heiligen Geist.“
Und da kommt die erste große Frucht: die Heilige Katholische Kirche. Die Heilige Katholische Kirche, wo wir sind ist eine Frucht des Heiligen Geistes, mit aller Menschlichkeit, die verwandelt werden soll, mit allen Schwächen, aber im Endeffekt und von Anfang an ist sie die Frucht des Heiligen Geistes. Die Kirche wird gegründet zu Pfingsten. „Gehet hinaus in alle Welt und siehe: Ich bin bei euch.“
„Ich glaube an die Hl. Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen…“ Unsere Zukunft: die Gemeinschaft der Heiligen. Das sind nicht Ausnahmen, sondern unsere Brüder und Schwestern, die schon das Ziel erreicht haben.
„Ich glaube an die Vergebung der Sünden.“ - dass Gott das gut machen kann, was wir falsch gemacht haben.
„Ich glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.“ Das ewige Leben, das ist unsere Zukunft, das Leben in Fülle. „Ihr könnt jetzt noch vieles nicht ertragen,“ sagt Christus. Vieles auf Erden ist für uns vorläufig und vieles werden wir auch nicht verstehen. „Aber der Geist Gottes wird euch in die volle Wahrheit einführen.“ Erlässt uns nicht als Waisen zurück, sondern er verheißt uns und bietet uns das Leben in Fülle.
Amen.
Abschrift der Homilie von P. Mag. Bonifaz Tittel OSB
für die Eucharistie feiernde Gemeinde in Breitenlee
16. Mai 2016 – Pfingstmontag LJC
L1: Apg 19, 1b-6a
L2: Röm 8, 14-17
Ev: Joh 3, 16-21